Sagen aus dem Raum um die Pfarre Haßbach

 

DER GRABENSEESCHUSTER

Am Grabensee (sumpfige Waldmulde zwischen Gramatl und Penk, Bezirk Neunkirchen) stand einst ein ödes Schloss, in dessen Turme ein gottloser Schuster hauste. Der entheiligte in schnöder Erwerbshast den Tag des Herrn, indem er sogar zur Zeit der Feiermesse arbeitete. Darob versank das Schloss mit ihm in die Tiefe. Auf den Trümmern des Turmes, welcher ein wenig aus dem Boden vorragte, sahen die Hirten wiederholt an Sonn- und Feiertagen während des vormittägigen Gottesdienstes ein Männchen mit grünem Hute sitzen, welches fleißig eine Sohle klopfte, dabei sein Käppchen abschüttelte und ihnen zurief: "Klaub' mir mein Kapperl auf - I gib dir ein' Kreuzer!" Andere, die mitten über den Grabensee gingen, sahen den unseligen Schuster, wie er rührig hämmernd auf dem Gipfel einer Fichte saß und rief: "Klaub' mir mein Kapperl auf - Kriagst a Geld!" Noch andere, die ebenfalls spät nachts über den gefürchteten Grabensee wanderten, hörten das Gespenst bloß, wie es auf der Ruine hämmerte, sahen es aber nicht. Dadurch verschreckte der verdammte Schuster einst viele nächtliche Wanderer vom rechten Wege. Jetzt aber lässt er sich schon lange weder sehen noch hören. Wahrscheinlich vertrieb ihn das geweihte Muttergottesbild, welches jemand dort an eine Fichte gehängt hat.

DAS VERSUNKENE HAUS

Vor langer Zeit, als in Haßbach (Niederösterreich) keine katholische Kirche war und daher die Greuten, Hosendorfer, Pannholzer usw. nach Kirchberg am Wechsel in die Kirche gingen, stand auf der heutigen Waldhalde zwischen Pannholz und Schaffernak ein wohlhabender Bauernhof. Als das Volk einst in der heiligen Nacht zur Mette wallte, kamen mehrere Kirchengänger an jenem Bauernhofe vorbei, sprachen dort zu und luden die Bewohner ein, mit ihnen zur Mette zu gehen. Aber die da hausten, waren eine gar unfromme Sippe. Statt die heilige Nacht mit Gebet und andächtiger Ruhe zu feiern, pflegten sie eben das Kartenspiel und erwiderten: "Wir werden schon nachkommen". Jedoch die Leidenschaft des Spieles ließ sie die Mette versäumen. Als die Kirchengänger heimkehrten, war das gottlose Haus verschwunden und nur das Krähen des Hahnes vernahm man noch aus der Erde. Seit jener Zeit ist dort ein Moor bis auf den heutigen Tag. Die lachenden Fluren sind dunklern Walde gewichen und nur ein "Schwull" zeugt noch deutlich davon, dass hier einst durch viele viele Jahre der Pflug gegangen war.

DER TÜRKENSTURZ BEI SEEBENSTEIN

Im Jahre 1532 waren die Türken aufs Neue in Ungarn eingefallen und weit ins Land vorgedrungen. Während ihre Hauptmacht die Festung Güns belagerte, brachen vereinzelte Horden auch in Österreich ein und gelangten auf ihren Raubzügen bis ins Pittental. Doch die Bauern von Seebenstein und Gleißenfeld taten sich zusammen, bewaffneten sich mit allerlei Handwerksgerät und griffen die plündernden Scharen mit dem Mut der Verzweiflung an. Es gelang ihnen auch, die Feinde zu zersprengen und aus dem Tal zu vertreiben. Ein kleiner Trupp der Türken war dabei in den Wald oberhalb von Seebenstein geraten und suchte sich auf versteckten Wegen der Rachsucht der zornigen Landwirte zu entziehen. Da sah der Anführer der feindlichen Schar auf dem Weg vor ihm die lichte Erscheinung einer Frauengestalt. Voll Zorn über den letzten Misserfolg und in der Erwartung, hier leichte Beute zu finden, forderte der türkische Hauptmann seine Untergebenen auf, mit ihm dem Mädchen nachzujagen und es gefangen zu nehmen. Lüstern und gierig eilten die Türken der Erscheinung nach, die vor ihnen floh, bis sie den Rand eines steilen Abgrundes erreicht hatten. Hier sprang die Heilige Jungfrau Maria - denn sie war es, die den Ungläubigen zum Verderben erschienen war - plötzlich zur Seite, während die Türken, blindlings weiter rennend, in die Tiefe stürzten, wo sie zerschmettert liegen blieben. Nur ein Mann blieb an einem Baum hängen und kam auf diese Weise mit dem Leben davon. Als man ihn gefangen vor den Anführer der Bauern brachte, erzählte er, wie die überirdische Erscheinung ihre Sinne verblendet und sie in den Tod geführt habe, dem er nur wie durch ein Wunder entronnen sei, während ein fürchterliches Unwetter tobte. Die steile Felswand heißt seit dieser Zeit der "Türkensturz".

DIE SCHATZSUCHER VON HASSBACH

Vor mehr als hundert Jahren begab es sich einmal, dass zwei Mädchen, die beim „Öden Schloss" von Haßbach ihre Ziegen weideten, im Gestrüpp ein tiefes Loch entdeckten, das von einer schweren Steinplatte bedeckt war. Zwei alte Männer, der Wagner Simerl und sein Bruder Martin, hörten davon und beschlossen, dort nach Schätzen zu suchen. Man riet ihnen, sie müssten zwischen elf und zwölf Uhr nachts in jenes Loch hinabsteigen, sich aber dabei wohl hüten, ein Wort zu reden, bis sie ihr Werk vollendet hätten, sonst würde es ihnen nicht gelingen. Die beiden Männer taten, wie man ihnen geraten hatte. In einer rabenschwarzen Nacht, genau zur zwölften Stunde, hoben sie schweigend die schwere Steinplatte zur Seite und stiegen mit Leiter und Licht in die schaurige Tiefe. Und wirklich fanden sie auf dem Grunde des Schachtes eine eiserne Truhe, deren wuchtige Schwere eine Fülle goldenen Inhaltes verhieß. Sie schleppten die Kiste mit großer Mühe empor. Als sie am Rande des Loches angelangt waren, entglitt die schwere Truhe Martins Hand, aber er konnte sie noch im letzten Augenblick packen und festhalten. In der Aufregung jedoch entfuhren ihm die Worte: „Halt, jetzt wäre sie mir bald aus der Hand gerutscht!" Noch hatte er nicht ausgesprochen, da drehte sich die Kiste, entwand sich unaufhaltsam ihren Griffen und stürzte polternd in die Tiefe zurück. Sie wurde nie mehr gefunden. Auch das Loch fand man nimmer seit jener Zeit.

DAS VERWUNSCHENE BERGWERK

In dem Tal, das von Trattenbach zum Großen Pfaffen verläuft, befand sich vorzeiten ein Bergwerk, dessen Reichtum an Gold und Silber schier unerschöpflich gewesen sein soll. Ein goldener Ochse soll sich sogar darin befunden haben. Die Bergleute führten jedoch einen wilden, ausschweifenden Le¬benswandel, und die Bevölkerung hatte unter ihren bösen Streichen viel zu leiden. Eines Sonntags, als die Knappen sich gerade beim Kegel¬spiel vergnügten, setzten sie ihrem frevelhaften Tun die Krone auf. In ihrem schrankenlosen Übermut schnitten sie dem Kegelbuben den Kopf ab und bedienten sich seiner statt der Kugel. Als die arme Mutter von der ungeheuren Schandtat erfuhr, wollte ihr vor Kummer schier das Herz zerspringen. Als sie sich endlich von ihrem Leid erholt hatte, nahm sie eine Handvoll Mohnkörner, streute diese rings um das Bergwerk auf die Erde und verfluchte die gottlosen Knappen samt dem unseligen Werk. „Solange der Mohn hier blühet und wächst, seid ihr drunt' in der Erde verdammt und verhext!" Der Fluch ging noch in derselben Stunde in Erfüllung. Die Knappen wurden von einer bösartigen Seuche befallen, an der sie elend umkamen. Das Bergwerk verfiel und die Schmelzöfen hat man später dann der Erde gleichgemacht. Durch Jahrhunderte wuchs dort im Umkreise ein wilder, weißblühender Mohn. Der Name „Schmelzhof" bei Trattenbach kündet davon, dass an dieser Stelle einst ein Schmelzofen stand.